Weitblick vom Hardtberg
Als Ersatz für einen Vorgängerbau haben Wolfgang und Leonie Ott den Hardtbergturm in den Wald bei Königstein im Taunus geplant und realisiert. Der optisch leichte und helle Stahlbau windet sich bis in eine begehbare Höhe von fast 27 Metern hinauf.
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?Für uns ist der Neubau des Hardtbergturms ein sehr persönliches Projekt. Er liegt in Sicht- und Spazierweite zu unserem Büro und daher kannten wir auch schon den kleineren Vorgängerbau, der aufgrund seiner Höhe von »nur« 14.50 Metern über die Jahre von den Baumwipfeln eingeholt wurde und einem so die Aussicht in die Ferne verwehrt wurde. Eine Aufstockung war statisch nicht tragbar und so haben wir an gleicher Stelle den neuen Turm mit einer neuen Plattformhöhe von 26.50 Metern planen und realisieren können. Während des Entwurfsprozesses hat für uns neben der Konstruktion und Gestaltung des Turms im Detail auch immer die Fernwirkung eine große Rolle gespielt, da man den Turm in der Region aus vielen unterschiedlichen Perspektiven zu sehen bekommt.
Wir haben uns vom Ort mitten im Wald und dem Rundum-Ausblick mit Hilfe eines Hubsteigers inspirieren lassen. Vom Hardtberg aus sind sowohl die Rhein-Main-Ebene mit der Frankfurter Skyline als auch die höchsten Berge im Taunus, der Feldberg und der Altkönig, zu sehen. Besonders ausführlich haben wir uns mit dem Erlebnis der Begehung beschäftigt: Wie wird man nach oben geleitet, wie schafft man Warte- und Begegnungszonen, welche Blickbeziehungen gibt es innerhalb des Turms, welche nach außen?
Für uns war es wichtig, auch solche Blicke in den Wald und ins Innere des Turms zu fördern, nicht nur die in die Ferne, sodass die Menschen in Kontakt und ins Gespräch kommen. So ist es zu der ungerichteten, ovalen Grundrissform mit den innen liegenden, zweiläufigen Treppen gekommen, die jeweils über ein vergrößertes Zwischenpodest verfügen und die fünf Begegnungs- und Erkundungsebenen miteinander verbinden.
Mit der Wahl einer durchlässigen und filigranen Konstruktion in heller Farbe nimmt sich der Turm respektvoll gegenüber der Natur zurück. Er gibt durch seine elliptische Form keine Blickrichtungen vor, sondern lässt Freiraum zum Erkunden und Entdecken. Nicht selten kommen die Besucher*innen darüber ins Gespräch.
Für einen Studienauftrag wurden wir direkt von dem damals neu gegründeten Förderverein Hardtbergturm angefragt. Im weiteren Projektverlauf wurde uns der Auftrag erst über eine Angebotsaufforderung und ab der Ausführungsphase über eine öffentliche Vergabe erteilt.
In der frühen Entwurfsphase des Projekts haben wir unsere anfänglichen Ideen und Ansätze in immer wieder neuen Turmentwürfen visualisiert und gegenübergestellt. So konnten wir in den ersten Präsentationen bereits einen sehr konkreten Vorschlag aufzeigen, den wir natürlich über die Zeit weiter verfeinert haben. In den Grundzügen und -ideen hat er sich jedoch dann nicht mehr verändert.
Zum Entwerfen und zur Planung bauen wir unsere Projekte immer in 3D auf. Für die Bauaufgabe des Aussichtsturms war es nicht von Nöten ein informationsbasiertes Modell zu erstellen, weshalb wir uns auf ein rein geometrisches 3D-Modell beschränkt haben. Dieses haben wir unter anderem als Grundlage für ein 3D-gedrucktes, physisches Modell und einen virtuellen 3D-Rundgang genutzt. Außerdem hat es uns sehr bei der Kommunikation mit dem Stahlbauunternehmen geholfen und die Absprachen stark vereinfacht.
Die Materialwahl für den Turm fiel schon von Beginn an auf Stahl bzw. ein nicht brennbares Material. Es war damals nicht lange her, dass mehrere Aussichtstürme aus Holz in der Umgebung aufgrund von Brandschäden geschlossen werden mussten. Im Sinne der Langlebigkeit des neuen Turms war Stahl das Material der Wahl und wir haben durch ein möglichst effizientes Tragwerk die anfallenden Stahlmassen reduziert. Dies verleiht dem Turm seine Leichtigkeit und Durchlässigkeit, die die unmittelbare Umgebung jederzeit spürbar lässt.
2022
Auf dem Hardtberg
61462 Königstein im Taunus
Nutzung
Aussichtsturm
Auftragsart
Direkt, Angebotsaufforderung, öffentliche Vergabe
Bauherrschaft
Stadt Königstein im Taunus
Architektur
Wolfgang Ott - Architekt BDA, Kronberg | Wolfgang Ott, Leonie Ott
Fachplaner
Ingenieurbüro Carsten Metz, Bad Vilbel
Ausführende Firmen
Stahlbau, Metallbau Konrad GmbH, Mudau
Rohbau, Alexander Pfaff GmbH & Co. KG, Königstein im Taunus
Gartenbau, Schiesser Gartengestaltung GmbH, Königstein im Taunus
Hersteller
Monospot, Willy Meyer + Sohn GmbH + Co. KG
Individuelle Sitzblöcke, Rinn Beton- und Naturstein GmbH & Co. KG
X-TEND, Carl Stahl ARC GmbH
Fläche
43,5 m2
Gesamtkosten
750.000 €
Fotos
Timon Ott